Gastbeitrag: Warum die Ablösung der Staatsleistungen für die Kirchen nötig ist

Gastbeitrag von Benjamin Strasser, religionspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion in der tageszeitung (taz) vom 06.11.20: 

 

Viele Aufträge unseres Grundgesetzes gelten für die Ewigkeit. Doch gleichzeitig gibt es Verfassungsaufträge, die mit einem einzelnen Beschluss erfüllt werden können. Die Ablösung der Staatsleistungen für die Kirchen gehört dazu. Diese Zahlungen entschädigen bis heute die Kirchen für die Enteignung ihrer Güter durch den Staat während der Säkularisierung. Dabei wurde schon 1919 in Artikel 138 der Weimarer Reichsverfassung formuliert: "Die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften werden durch die Landesgesetzgebung abgelöst. Die Grundsätze hierfür stellt das Reich auf." Die Mütter und Väter des Grundgesetzes übernahmen das als Artikel 140.

Doch in den vergangenen logo Jahren hat keine Mehrheit im Bundestag den Verfassungsauftrag ernsthaft angegangen. Bis heute überweisen die Bundesländer eine halbe Milliarde Euro jährlich an die großen Kirchen. Es wird Zeit, dass wir diesen Auftrag gegenüber den Bürger*innen erfüllen. Gemeinsam haben die Fraktionen von FDP, Linken und Grünen einen Gesetzentwurf erarbeitet, der die Grundsätze für Ablösungsverhandlungen zwischen Ländern und Kirchen aufstellt. Er sieht vor, dass die Ablösungen sich am Äquivalenzprinzip orientieren und die bis zum Jahr 1919 entstandenen Ansprüche tilgen. Da eine Rekonstruktion der damaligen Werte nicht realisierbar ist, dienen die im Jahr 2020 geleisteten Staatsleistungen als Bemessungsgrundlage. Den Ländern und Kirchen eröffnen wir die Möglichkeit einzelne Ausnahmen von diesen Grundsätzen festzulegen. So ermöglichen wir faire Verhandlungen, die berechtigte Forderungen der Kirchen anerkennen und einen nachvollziehbaren Weg zur Ablösung der Staatskirchenleistungen definieren. Wir fordern weder eine sofortige Abschaffung, die wegen der bestehenden Rechtsansprüche der Kirchen offenkundig verfassungswidrig wäre, noch wollen wir aus einer falsch verstandenen Freundlichkeit ihnen gegenüber die Verfassung weiter ignorieren. Das sollte auch die Große Koalition so sehen.

 

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